Auflauf statt Aufstieg
Geld fürs Zuhause bleiben? Wie die Herdprämie Karrieren zerstört und Frauen in noch mehr Abhängigkeit lockt

Oberösterreich tut es, immer mehr Gemeinden im ganzen Land tun es – FPÖ und ÖVP wollen es nun bundesweit ausrollen: Taschengeld für jene Frauen, die ihre Kinder nicht in den Kindergarten geben, sondern über die Karenz hinaus daheim betreuen. Durchschnittlich 80 Euro pro Monat ist dies den Retro-Politikern wert, wenn Frauen ihre Karrieren kübeln, sich von Partnern und Staat abhängig machen und im Alter in die Armut schlittern.
Frei gewählt oder clever manipuliert?
Konservative und rechte Politiker:innen wollen den Frauen weißmachen, dass die Herdprämie echte Wahlfreiheit schaffen würde. Das ist grober Unfug. Denn: Wer keine Wahl hat, hat auch keine Freiheit! Die Herdprämie schränkt nicht nur die individuelle Freiheit und wirtschaftliche Selbstbestimmung von Frauen ein, sondern hat auch negative gesamtwirtschaftliche Auswirkungen. Die finanzielle Unterstützung mag auf den ersten Blick als Option erscheinen, sie reduziert jedoch die Anreize für Frauen, sich für eine Berufstätigkeit zu entscheiden. Statt einer freien Wahl zwischen Karriere und Familie führt die Herdprämie dazu, dass Frauen unter Druck geraten, sich gegen ihre beruflichen Ambitionen zu entscheiden, und stattdessen Zuhause bleiben.
Viel Geld - wenig Leistung
In Österreich wird im Vergleich zu anderen Europäischen Ländern viel Geld für familienpolitische Maßnahmen bereitgestellt. Ganze 2,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes gehen als Geldleistungen direkt an Familien. Im Unterschied zu anderen Staaten geben wir aber vergleichsweise wenig Geld für Kinderbetreuung aus. Das schlägt sich auch in der Betreuungsquote nieder: Knapp 76 Prozent der unter 3-jährigen geht nicht in den Kindergarten. Damit liegen wir im europäischen Spitzenfeld. Zum Vergleich: In den Niederlanden besuchen nur etwas über 28 Prozent der Kinder unter 3 Jahren keinen Kindergarten.
Küche statt Karriere
Die Auswirkungen eine Herdprämie auf Frauen sind fatal: Der Gender Pay Gap vergrößert sich durch lange berufliche Abwesenheiten, berufliche Netzwerke lösen sich auf, Qualifikationen verstauben, Unternehmen investieren weniger in Frauen und die Abhängigkeit vom Partner steigt. Auch aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die Herdprämie kontraproduktiv. Sie trägt dazu bei, dass qualifizierte Arbeitskräfte dem Markt entzogen werden, was langfristig das Wirtschaftswachstum hemmt. In Zeiten des Fachkräftemangels ist es ineffizient, gut ausgebildete Frauen durch finanzielle Anreize vom Arbeitsmarkt fernzuhalten.
Wahlfreiheit durch Chancengerechtigkeit
Wir Liberalen kämpfen für die individuelle Entscheidungsfreiheit. Tradierte Rollen, in die man Menschen zu drängen versucht, sind das Gegenteil. Sie zementieren Ungleichheiten und suggerieren, dass Kinderbetreuung ausschließlich Aufgabe von Frauen ist. Echte Wahlfreiheit bedeutet, dass man sich sowohl für Karriere als auch für Kinder entscheiden kann. Aufgabe der Politik ist es, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen – und nicht die Frauen mit Taschengeld abzuspeisen! Wir NEOS fordern daher schon lange einen massiven Ausbau der Kinderbetreuung und einen Rechtsanspruch darauf ab dem 1. Geburtstag des Kindes.
Selbstbestimmung ist der Schlüssel zur Freiheit - und ich kämpfe dafür!

Henrike Brandstötter
Abgeordnete zum Nationalrat